Freitag, 17. Juni 2011

Kapitel 3 von "Take me anywhere but here..."

Time for Sex?

Die nächste halbe Stunde brachten wir damit zu einen geeigneten Ort zu finden um den von unserem Oberarzt verlangten Bericht zu verfassen. Da wir nicht die einzigen Assistenzärzte waren, wurden die Aufenthaltsräume beziehungsweise Bereitschaftsräume sofort belegt. So blieb Edward und mir nur die Wahl zwischen den Toiletten und der Abstellkammer neben der Leichenhalle.
So leid es mir auch tat, wir wählten Letzteres, da ich nur schwerlich eine Männertoilette betreten konnte und Edward umgekehrt natürlich auch nicht. Also schnappten wir uns zwei der Decken auf unbenutzten Patientenbetten und versuchten uns den ungewöhnlichen Arbeitsplatz so gemütlich wie nur möglich einzurichten.
Jetzt heißt es beten, dass uns hier niemand erwischt. Sich in der Leichenhalle einzurichten kommt nicht so gut an, denke ich.“, seufzte ich, während ich die verschiedensten Medizinbücher und die Krankenakte meiner Patientin vor mir ausbreitete. Die Beine hatte ich angezogen, sodass Edward noch genügend Platz blieb um zu arbeiten.

Ich bezweifle, dass uns hier jemand findet. Immerhin haben wir selbst eine halbe Ewigkeit gebraucht um diesen Ort zu finden.“, erwiderte mein Gegenüber gelassen. Im Moment machte er nicht den Eindruck des schüchternen Jungen vom Vortag. Im Gegenteil, er lächelte mich verschmitzt an.
Irritiert erwiderte ich das Lächeln, als mir plötzlich etwas in den Sinn kam. „Ich habe dir noch gar nicht richtig dafür gedankt, dass du mir bei der Visite geholfen hast. Das hättest du nicht zu tun brauchen. Ich wette, dass die meisten anderen mich lieber hätte untergehen sehen.“ So war es doch überall im Leben. Menschen verrieten sich gegenseitig, weil sie Angst hatten jemand könnte besser sein als sie. „Also danke vielmals.“
Edward richtete sich ein wenig auf und sah mir fest in die Augen. Die Entschlossenheit in ihnen sprang mich förmlich an. „Ich bin nicht wie die meisten. Das war ich noch nie und das werde ich vermutlich auch nie sein.“ So etwas wie Traurigkeit flackerte in seinen Augen auf, doch sie war so schnell verschwunden, dass ich dachte ich hätte sie mir eingebildet. „Aber ich habe es gerne getan.“
Nicht wissend was ich darauf erwidern sollte, wandte ich meinen Blick ab. Trotzdem schossen mir tausende Gedanken durch den Kopf. Wieso verhielt er sich so anders als die Anderen? Auf der anderen Seite war da jedoch noch das T-Shirt, das er bereits zum zweiten Mal trug. War er etwa einer dieser Aufreißer-Typen, die alles vögelten was nicht bei drei auf dem Baum war? Vielleicht hatte er nach einer durchzechten Nacht keine Zeit mehr gehabt nachhause zu fahren um seine Kleidung zu wechseln.

Kritisch, aber möglichst unauffällig betrachtete ich ihn von Kopf bis Fuß. Er sah gut aus, das ließ sich nicht abstreiten und er würde bei den Frauen sicher gut ankommen. Dennoch zögerte ich ihn in eine Schublade zu stecken. Irgendetwas an ihm verriet mir, dass er tatsächlich anders war als die anderen Männer in meinem Umfeld.
Da ich die beruhigende Stille, die sich zwischen uns ausgebreitet hatte, nicht zerstören wollte, tat ich mein Bestes um mich erneut auf meinen Bericht zu konzentrieren. Durch die angenehme Atmosphäre gelang mir dies auch recht gut, denn in der nächsten Stunde hatte ich bereits eine Gliederung des Aufsatzes aufgestellt, die benötigten Informationen herausgesucht und musste sie nur noch in einem angemessenen Text zusammenfassen.
Obwohl ich bereits auf meiner Universität mit Arbeiten dieser Art konfrontiert worden bin, fiel es mir um Einiges schwerer die passenden Worte zu finden. Immer wieder glitt mein Blick zu Edward, der konzentriert die Stirn in Falten gelegt hatte. Da dies ein Makel war, das meine Freunde auch bei mir immer wieder festgestellt hatten, konnte ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Wieso lachst du? Habe ich irgendetwas an mir hängen oder so?“ Edwards verwirrte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Unbewusst strich er sich dabei durch seine ohnehin schon zerzauste Haare, nur um sie im Moment darauf gleich wieder glattzustreichen. Hatte ich jemals solch eine ungewöhnliche Haarfarbe gesehen? Selbst im fahlen Licht der Abstellkammer glänzten sie in einem sanften Bronzeton.
Ähm... nur so. Lange Geschichte.“ Im Moment lag mir nichts ferner, als über mich zu reden. Viel besser hätte es mir gefallen ein bisschen mehr über ihn zu erfahren. Wie wohnte er? Wo war er aufgewachsen? Hatte er Geschwister? Nur zu gerne hätte ich ihn mit diesen Fragen durchlöchert, doch ich wollte nichts überstürzen, daher begann ich mit einem unverfänglichem Thema. „Wie findest du eigentlich das Wetter?“ Ich biss mir auf die Zunge um nicht lauthals loszulachen. Ernsthaft? Ich stellte ihm eine Frage über das Wetter? Gab es denn ein uninteressanteres Thema?
Wie ich erwartet hatte, runzelte er verwundert die Stirn. Es dauerte eine Weile bis er antwortete, doch in seiner Stimme war kein Fünkchen Unglauben zu hören. „Eigentlich bin ich eher der Sommer-Typ. Regen ist nicht so mein Fall, aber hier in New York kann man dem wohl kaum entfliehen.“ Er schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Das haben wir ja gestern gesehen.“

Da er nicht genervt von meinen Fragen schien, beschloss ich ein Stückchen weiter zu gehen. „Also bist du im Süden aufgewachsen?“ Als ich sah, dass er sich anspannte, fuhr ich hastig fort. „Du musst mir nichts über dich erzählen, wenn dir das unangenehm ist. Immerhin kennen wir uns noch nicht allzu lange, also...“ Ich verstummte ohne zu wissen, ob er darauf eingehen würde.
Gegen meine Erwartung wies er mich nicht ab. „Nein, nein, schon gut. Ich... ich rede nur nicht gerne über meine Kindheit. Aber du hast Recht. Ich komme aus Louisiana.“
Überrascht hob ich eine meiner Brauen. „Louisiana? Das hätte ich nicht erwartet. Und hast du Geschwister?“ Es war offensichtlich, dass ihm meine Fragerei unangenehm war, doch ich wollte unbedingt mehr über ihn erfahren. Irgendwie fing ich an ihn zu mögen. „Wie gesagt, wenn ich dir auf die Nerven gehe, dann sag es. Ich werde auch nicht beleidigt sein.“
Ich... ich habe eine kleine Schwester... Ruby. Sie ist vor Kurzem sechs geworden und ist ein totaler Sonnenschein.“ Das Lächeln, das unbewusst auf seinem Gesicht erschien, machte ihn noch um Einiges attraktiver, als er so schon war. „Obwohl ich noch zuhause wohne, kann ich in letzter Zeit nicht viel mit ihr unternehmen. Das Krankenhaus nimmt einfach zu viel Zeit ein.“ Die Traurigkeit in seiner Stimme war deutlich herauszuhören.

Ich stieß sein Knie an um ihn aufzuheitern. „Ich kann mir vorstellen, dass das schwer sein muss.“, seufzte ich. „Ich habe mir auch immer Geschwister gewünscht, aber irgendwie kam es nie dazu. Meine Eltern haben sich zuvor scheiden lassen und meine Mutter hat mit ihrem neuen Freund nie ein Kind bekommen.“ Normalerweise erzählte ich niemandem davon, aber auf irgendeine Art und Weise berührte er mich. „Ich war immer neidisch auf die Kinder, die Geschwister hatten. Das Leben ist bestimmt um so viel schöner und bunter, wenn man in einer großen Familie aufgewachsen ist.“
Edward neigte verstehend den Kopf und legte seinen Bericht, der übrigens beinahe fertig war, beiseite. „Nun, aufgewachsen bin ich nicht wirklich mit meiner Schwester. Dadurch, dass sie so spät geboren wurde, war ich aus der gröbsten Kindheit bereits wieder heraus. Ich bin also eher eine Art Vaterfigur für sie.“ Als hätte er damit zu viel gesagt, fuhr er sich mit der Hand über den Mund und winkte ab. „Aber wir reden so viel über mich. Was ist mit dir? Wo bist du zur Universität gegangen?“
Obwohl ich bemerkte, dass er nur vom Thema ablenken wollte, sprach ich ihn nicht darauf an. Stattdessen ging ich auf seine Frage ein. „Ich habe seit ich ein kleines Kind war in Phoenix gewohnt. Für die Medizin habe ich mich eigentlich schon immer interessiert, daher lag es nicht fern Ärztin zu werden. Mein Vater hat mich also nach Yale geschickt.“
Edward schien beeindruckt, als er hörte, dass ich nach Yale gegangen war. Nun, es war auch etwas auf was ich stolz sein konnte, trotzdem war ich dabei nicht so fanatisch wie mein Vater, der es jedem erzählte, der es wagte ihm in die Augen zu sehen.

Erschrocken zuckten wir beide zusammen, als sich plötzlich die Tür der Abstellkammer öffnete und ein erleichtertes „Ah“ ertönte, kurz gefolgt von: „Hier steckt ihr also! Ich suche euch schon eine Ewigkeit.“ Da ich erwartet hatte, dass uns einer der Oberärzte erwischt hätte, atmete ich erleichtert auf, als ich erkannte, dass es sich bei der Person um Alice handelte.
Diese stand freudig strahlend über uns und blickte erwartungsvoll auf uns herab, ehe sie sich in die enge Kammer zwängte und uns somit den ohnehin schon begrenzten Raum wegnahm.
Ohne mich zu beschweren rückte ich beiseite, sodass ich meine Beine dich an Edwards Oberkörper drücken musste. Entschuldigend lächelte ich ihn an, doch er schien sich nicht sonderlich unwohl dabei zu fühlen.
Alice, die sich in der Zwischenzeit neben mir gemütlich gemacht hatte, zog ihr Stethoskop vom Nacken, während sie mit der freien Hand die Tür zufallen ließ. „Rose hat mit erzählt, dass ihr zusammen verschwunden seid. Eigentlich habe ich euch nur gesucht, weil einer der Assistenzärzte eine kleine Willkommensfeier veranstaltet. Wir treffen uns alle morgen Abend nach der Arbeit beim Rockefeller Center und machen so richtig Party!“ Sie klatschte aufgeregt in die Hände und stieß mir anschließend sanft mit dem Ellbogen zwischen die Rippen. „Und? Was sagt ihr? Können wir auf euch zählen?“
Automatisch wanderte mein Blick zu Edward, der sich nicht besonders wohl in seiner Haut zu fühlen schien. Anscheinend war er kein Typ, der von einer Party zur nächsten zog. Irgendwie beruhigte mich das. Auf der anderen Seite wollte ich nicht gleich in der ersten Woche als Spielverderberin dastehen, diesen Ruf musste ich in der High School lange genug ertragen. Trotzdem wollte ich nicht ohne Edward dorthin gehen. „Was sagst du dazu?“, fragte ich ihn abwartend.
Er schien mit sich selbst zu ringen. „Ich weiß nicht... wir haben doch am nächsten Tag Dienst...“, warf er ein.

Ach, kommt schon! Das wird lustig. Ich bin mir sicher, dass es nicht allzu lange dauern wird. Außerdem ist es nur ein Abend!“, versuchte Alice uns weiter zu überreden. Ihr schien offensichtlich viel daran zu liegen, dass wir mitkamen.
Ich denke einen Abend kann ich erübrigen.“, lenkte Edward schließlich ein, doch ich bemerkte sehr wohl, dass er mit dieser Entscheidung alles andere als glücklich war.
Alice schien das jedoch nicht zu stören. Sie kämpfte sich grinsend auf die Beine und wippte anschließend von ihren Fußballen zu den Zehenspitzen. „Ich bin mir sicher, dass es euch gefallen wird. Aber jetzt muss ich wieder los. Mein Patient wartet auf mich.“ Sie zwinkerte uns ein letztes Mal zu ehe sie die Abstellkammer verließ und die Tür hinter sich schloss. Augenblicklich kehrte wieder die Ruhe, die ich vorhin so genossen hatte, ein.
Ist sie immer so überzeugend?“ Edward schien immer noch vollkommen perplex über ihr Auftreten zu sein.
Da ich Alice erst einen Tag zuvor kennengelernt hatte, konnte ich ihm diese Frage nicht beantworten. Daher zuckte ich mit den Schultern und begann die Medizinbücher, die ich vor mir ausgebreitet hatte, zu einem Turm zu stapeln. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber so schlimm wird es schon nicht werden. Immerhin können wir jederzeit abhauen, wenn es uns zu langweilig wird.“ Obwohl ich nicht beabsichtigt hatte im Plural zu sprechen, wollte ich Gesagtes auch nicht mehr zurücknehmen. Wenn es auch komisch klang, ich mochte Edward. Ich fühlte mich auf undefinierbare Weise zu ihm hingezogen und das, obwohl ich ihn vor ein paar Tagen noch gar nicht gekannt hatte. War es verwerflich mir zu wünschen mehr Zeit mit ihm zu verbringen?

Stimmt.“ Auch er schien bemerkt zu haben, dass ich von „uns“ gesprochen hatte, denn er wagte es nicht mir in die Augen zu sehen.
Auch ich wollte und konnte in dieser angespannten Situation nicht mehr weiterarbeiten, daher beschloss ich den Bericht zuhause fertigzustellen und packte meine Sachen zusammen.
Gemeinsam verließen wir die Leichenhalle und machten uns auf den Weg nach oben. Dort hatten sich bereits einige Assistenzärzte wieder eingefunden, die auf die Oberärzte warteten. Die meisten von ihnen hatten die halb fertigen Berichte unter ihren Arm geklemmt. Ich war erleichtert zu sehen, dass ich nicht die Einzige war, die erst am Anfang des Textes stand, trotzdem verabschiedetet ich mich gedanklich von dem entspannten Abend, den ich eigentlich hatte verbringen wollen. Stattdessen würde ich wohl arbeiten müssen. Nun gut, das war mir von Anfang an klar gewesen.
Erst als Dr. McCarty sich der Gruppe der Neurochirurgie näherte, kam Leben in die Truppe. Allesamt gingen einen Schritt auf ihn zu und erwarteten gespannt was nun folgen würde.
So, die Zeit ist um. Ich hoffe, dass ihr sie gut habt nützen können und die Berichte nicht komplett nach der Arbeit fertigstellen müsst.“ Sein zweifelnder Blick jedoch verriet, dass er genau wusste, wie es um die Hausaufgabe stand. „Weiter im Text. Da ich nicht für das gesamte nächste Jahr euren Babysitter spielen kann und werde, werdet ihr wohl oder übel selbst auf die euch zugeteilten Patienten Acht geben müssen.“ Als Mike seinen Mund öffnete, hob Dr. McCarty seinen Arm um ihn zum Schweigen zu bringen. „Das bedeutet allerdings nicht, dass ihr irgendwelche Medikamente verabreichen dürft – und besonders nicht du.“ Den letzten Teil sagte er an Mike gewandt. „Sollte euer Patient kurz vor dem Sterben stehen, ruft ihr mich augenblicklich, habt ihr das verstanden?“ Wir nickten folgsam. „Gut, dann kann es ja losgehen. Viel Erfolg.“

Rose, die sich mir unauffällig genähert hatte, zischte an mir vorbei, direkt in Richtung Oberarzt. Belustigt presste ich eine Hand auf den Mund um nicht laut loszulachen. Es schien sie ja wirklich erwischt zu haben.
Da um mich herum plötzlich alle auseinanderstoben, beschloss auch ich mich auf die Suche nach meiner Patientin zu begeben. Aufgrund der Tatsache, dass wir am Morgen die Visite gehabt haben, wusste ich natürlich wo sich das Zimmer dieser befand. Mit pochendem Herzen betrat ich den Raum, nicht ohne vorher anzuklopfen. Immerhin versuchten wir auch im Krankenhaus noch eine gewisse Form von Privatsphäre einzuhalten.
Guten Tag, Mrs. Conelly!“, begrüßte ich die schon etwas ältere Dame, als ich vor ihr stand. Sie nickte mir freundlich lächelnd zu. „Sie haben mich bereits heute Morgen bei der Visite kennengelernt, doch ich wollte mich noch einmal in aller Form bei Ihnen vorstellen. Mein Name ist Isabella Swan und ich bin ihre behandelnde Assistenzärztin.“ Nicht-behandelnde Assistenzärztin traf es wohl besser, wenn ich an die Warnung dachte, die Dr. McCarty einige Minuten zuvor noch ausgesprochen hatte. „Sollte Sie Fragen bezüglich Ihrer bevorstehenden OP haben, erkläre ich mich gerne dazu bereit sie zu beantworten.“ Gedanklich klopfte ich mir selbst auf die Schultern, da ich es geschafft hatte, trotz Nervosität, eine anständige Begrüßung hervorzubringen.
Mrs. Conelly winkte lachend ab und klopfte auf den Stuhl, der neben ihrem Krankenbett stand. „Ach, Kindchen! Ich bin vierundachtzig. Da hat man schon so einige Erfahrungen in Krankenhäusern gesammelt. Fragen habe ich also keine. Aber es würde mich trotzdem freuen, wenn Sie sich ein wenig zu mir setzen würden. Gegen die Langeweile kann man hier ja doch nicht zu viel tun.“

Da ich ihre nette Bitte nicht ausschlagen wollte, kam ich ihrem Wunsch nach und setzte mich. Unsicher was ich jetzt tun sollte, blätterte ich ein wenig in ihrer Krankenakte, als sie mir mit der Hand vor den Augen herumwedelte. „Sie brauchen doch nicht so nervös zu sein. Legen Sie dieses Ding weg...“ Ohne auf meine Zustimmung zu warten, nahm sie mir die Akte aus den Händen und legte sie auf dem Nachttisch ab. „So und nun reden wir ein bisschen.“
Und über was?“, fragte ich verlegen nach. Gerade in solchen Situationen kam die schüchterne Bella wieder hervor, obwohl ich sie eigentlich bis in mein tiefstes Inneres verbannt hatte. Auch konnte ich spüren wie mir das heiße Blut in die Wangen schoss. Trotzdem hatte sie seltsamerweise die Gabe mir die Nervosität zu nehmen, denn meine Hände, die bis eben noch wild gezittert hatten, waren nun total ruhig.
Mrs. Conelly zuckte mit den Schultern. „Ach, ich weiß nicht. Sie haben doch gerade mit ihrer Assistenzarztzeit begonnen, oder nicht? Das muss ja sehr spannend sein. Ich persönlich habe mich als junges Mädchen auch sehr für die Medizin interessiert, doch ich war nie schlau genug dafür. Gerade deshalb bewundere ich jeden Menschen, der dieses Wagnis auf sich nimmt.“ Sie tätschelte mir großmütterlich die Hand. „Und nun sag mal. Gibt es irgendwelche jungen, knackigen Kollegen?“

Wenn ich in diesem Moment etwas getrunken hätte, wäre es nun wieder in hohen Bogen aus meinem Mund gespritzt. Sie war vierundachtzig! Interessierte man sich in diesem Alter noch für Männer? „Ähm... wie jetzt?“
Sie lachte, als sie meinen entsetzten Gesichtsausdruck sah. „Kindchen, ich rede von heißen Männern. Habt ihr Assistenzärzte denn keine Zeit für Sex?“
Welche Antwort gab man auf so eine Frage. Mrs. Conelly hätte genauso gut meine Großmutter sein können! Des Weiteren gab es tatsächlich niemanden in meinem Leben, der mir momentan so nahe kam. Außerdem hatte sie vollkommen Recht. Ich hatte gar keine Zeit für so etwas. Doch so sehr ich mir dies auch einredete, immer wieder tauchte eine bekannte Person vor meinem inneren Auge auf...

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